Sonntag, 23. März 2008

Auf Wohnungssuche – Tag 1

Meine Vorstellungen bezüglich des Wohnheimsprechers schienen sich zu bestätigen, als ich ewig vor der Tür des Wohnheims stand und mir den Daumen wund klingelte. Ich kam ca. eine Stunde vor meinem ersten Besichtigungstermin an und wollte davor noch mein Zimmer beziehen. Ans Telefon ging der Depp auch nicht und als ich wirklich Sturm klingelte erschien er endlich. Er sei im Tagesraum gewesen, und die Wohnung sei noch nicht frei. OK. War ja fast schon klar. Also erstmal Wohnungen angucken.

Wohnung 1. 70er Style. Zimmer war eigentlich ganz schön und hell. Mitbewohnerin schrecklich. Wasserstoffblondes, dauergewelltes Dummchen, sehr wortkarg, scheint nicht wirklich interessiert an ihrem potentiellen neuen Mitbewohner. Erkundigt sich erst auf Nachfrage nach Personalia meinerseits. Disqualifiziert sich eigentlich schon durch einen weißen Daunenmantel und ein goldenes (!!!) Handtäschchen an der Garderobe. Die endgültige Disqualifizierung erfolgte durch eine SMS aufs Festnetz ZU HAUSE, obwohl sie wusste, dass ich da NICHT bin.

Nun ja. Nächste Wohnung. Kleines Zimmer, aber schönes gemütliches Wohnzimmer, schönes Bad, und eine sehr nette Mitbewohnerin. Sollte die einzige bleiben, die mich fragte, ob ich Zeit hätte und mir daraufhin einen Tee angeboten hat. Wir verstanden uns sehr gut und stellten fest, dass wir auf recht ähnlichen Wellenlängen lagen. Obwohl ich noch 3 Wohnungen vor mir hatte, wusste ich, dass ich wohl hier einziehen werde. Sie auch. Bot mir gleich an, bei eventuellen Problemen mit meinem Nachtquartier, schon bei ihr zu schlafen.

A propos Nachtquartier. Der Wohnheimverwalter teilte mir bei meinem zweiten Besuch endlich mit, dass das Zimmer mittlerweile tatsächlich frei sei. Na der Wahnsinn. Ich trat in den Tagesraum, wo eine Mischung aus bärtigen Lebensversagern und Chinesen am Tisch bzw. auf der Couch lümmelte und sich mit der essentiellen Frage beschäftigte, ob sie als nächstes Simpsons oder doch lieber Futurama anschauen wollen. Nach der Schlüsselübergabe suchte ich im strömenden Regen nach dem Wohnheim. Die Beschreibung zum Wohnheim war ja noch einigermaßen nachvollziehbar. Ich kam immerhin soweit, dass ich 3 völlig identische Häuser mit jeweils 2 Haushälften und pro Haushälfte geschätzte 40 Wohnpartien zu Auswahl hatte. Als die richtige Hausnummer gefunden war, musste der zweite Teil der Beschreibung zum Gästeappartement befolgt werden: „ In dem Haus suchste halt den Tischtennisraum, und direkt daneben is das Gästezimmer“ Auf eine Angabe zur vertikalen Lage (immerhin hatte ich ca. 6 stockwerke zur Auswahl) des Tischtennisraums wartete ich vergeblich. Nachdem die beiden Haushälften nur durch einen Durchgang getrennt waren, was ich natürlich nicht wusste, war ich durchaus eine Weile zwischen den Häusern 6 und 5 unterwegs ohne es zu merken, was die Möglichkeiten für die Lage des Tischtennisraums und damit meines Zimmers erheblich in die Höhe trieb. Aber: ich habs tatsächlich geschafft. Das Zimmer war recht geräumig und eher funktionell eingerichtet, aber mehr hatte ich auch nicht erwartet. Schließlich handelte es sich um ein „selbstverwaltetes Studentenwohnheim“ Was genau das bedeutete, wurde mir klar, als ich mich nach den sanitären Einrichtungen umsah. Dabei handelte es sich um Gemeinschafts-WCs und –Duschen, wobei in letzteren wohl aus ökonomischen Gründen auf die Geschlechtertrennung verzichtet wurde. Was mich am meisten ankotzte, war die Tatsache, dass man zur Toilette erstmal über den arschkalten Gang rennen musste. Besonders unangenehm, wenn man, wie ich, keine Badelatschen und nur Winterschuhe dabei hatte. Der letzte Klogang vor dem Schlafengehn wurde so zur Zitterpartie, was mich veranlasste, ab dem zweiten Tag in solchen Fällen in das im Zimmer immerhin vorhandene Waschbecken zu pissen. Die Duschen waren dermaßen versifft, nicht unbedingt sehr schmutzig, aber einfach alt, gammlig und ekelig. Und ich bin bei so was nicht unbedingt zimperlich. Aber für zwei Tage und 8 € pro Nacht müssen die Ansprüche eben etwas zurückstecken.

Auf Wohnungssuche - Vorbereitungen

Ist natürlich nicht besonders einfach, über eine Distanz von ca. 600 km eine Wohnung zu suchen. Was wäre ohne das Internet? Wie hat man früher Wohnungen gesucht? Auch wurscht. Schließlich gibt es das Internet, dann nutzt man es auch. Wg-gesucht.de hat sich als sehr hilfreich erwiesen. Und ich staune über die Preise. Hier kann man von Wohnungen auf dem Niveau und geschweige denn zu dem Preis nur träumen. Also eine Suchanzeige aufgegeben, selber gesucht, im StudiVZ in diverse Gruppen eingetreten, die sich mit der Wohnungs-Findung in Göttingen beschäftigen. Angebote gibt es zahlreich. Jeden Tag kommen alleine auf oben erwähnter Internetseite zwischen 10 und 15 neue hinzu. Und auch auf meine Suchanzeige melden sich mehr als erwartet. Vornehmlich suche ich nach gemischten WGs in der Nähe meines zukünftigen Arbeitsplatzes. Manche sagen: WG?? Du verdienst doch jetzt genug, um dir ne eigene Wohnung zu mieten! Dazu ist folgendes festzustellen: erstens: man verdient nie genug, um nicht irgendwo was sparen zu können, und ich werde das eben an der Wohnung tun. Zweitens: Wenn man in eine neue Stadt kommt, ist das wohl der einfachste Weg, neue Leute kennenzulernen. Ich habe das an meiner alten Arbeitsgruppe gesehen: Sie kamen vor zwei Jahren hier her und weite Teile haben immer noch die anderen Leute aus der AG zu Freunden. Die ganz armen haben überhaupt keine, weil sie mit den Leuten aus der AG aus unerfindlichen Gründen nix zu tun haben wollen, es aber auch nicht gebacken bekommen, anderweitig Kontakte zu knüpfen. Aber das soll irgendwann hier mal detaillierter behandelt werden.
So. Also WG. Bei den Antworten auf mein Gesuch waren ganz normale dabei, aber auch weniger gewöhnliche. Ein 57jähriger Vater, der mit seinem 15jährigen Sohn und einem 23jährigen eine Wohngemeinschaft hat, möchte mich als Nachfolger für die 21jährige, die auszieht. Äh… nein. Die 21jährige wird ihre Gründe haben. Davon abgesehen ist das nicht unbedingt die Art WG, die ich mir vorgestellt habe.
Naja. Ich machte mir diverse Notizen und hoffte, dass ich die x Zettel, die ich unterschiedlich angefangen habe, richtig zusammenfassen und brauchbar ordnen werde. Achja, irgendwo schlafen müsste man ja auch noch. Während des Studiums war ich eine Zeit lang in Göttingen und während dieser Zeit in einem Mitarbeiterwohnheim des Klinikums untergebracht. War funktionell, aber sauber und angenehm. Natürlich ist gerade jedes Zimmer belegt. Ich werde an ein anderes Wohnheim verwiesen – auch voll. Ich werde an ein Studentenwohnheim mit Gästezimmer verwiesen. Als ich den Wohnheimssprecher erreichte, war er wohl gerade aufgestanden. Dank meines Anrufs, versteht sich. Naja, war aber auch erst viertel nach 11 am Montag Morgen. Ich konnte mir ungefähr ausmalen, was ich mir unter einem Wohnheimssprecher vorzustellen hatte. Aber wenigstens war gerade an den Tagen, an denen ich meine Wohnungssuche geplant hatte, das Gästezimmer frei. Dann werden die Sachen gepackt und es geht nach Göttingen.

Montag, 10. März 2008

Arbeitsamt und Versicherung

Ob ich mein Leben hinsichtlich administrativer Dinge wie Versicherungen, BAFöG-Rückzahlungen, Kindergeld, etc. wohl jemals auf die Reihe bekommen werde..?
Momentan bin ich ja offiziell beschäftigt. Bzw. nein, halt: inoffziell. Mein Drecksjob-Vertrag lief offiziell im Februar, gearbeitet habe ich da allerdings lange nicht alle Stunden. Da die Bezahlung im Öffentlichen Dienst immer am letzten des Monats kommt, wähnte ich mich bis Ende März auf einem weichen finanziellen Polster, da ja gerade eben noch das Gehalt kam. So.
Mein Herr Papa brachte mich jetzt aber auf die Idee, dass ich ja dann für März gar nicht krankenversichert sei und das Arbeitsamt meldete sich ebenfalls, da ich denen in meiner Naivität vor 2 Monaten sagte, dass ich im Anschluss an meine HiWi-Verträge gleich eine Doktorandenstelle haben werde, also quasi übergangslos beschäftigt bin. Pünktlich zum letzten des Monats Februar bekam ich eine Mail von meiner Sachbearbeiterin, ob ich denn nach Februar nun einen neuen Vertrag hätte? Äh nein, habe ich nicht.
Krankenversicherung? Tja, gute Frage.
Arbeitslos melden? Hm, ich arbeite zwar, aber.......
(bis ich meinen Einzelfall mal anschaulich genug dargelegt hatte war einiges Wasser den Abfluss hinabgelaufen. Und ich bin sicher, dass sie es immernoch nicht geblickt hat) Ich kann mich nun auch nicht arbeiteslos melden, weil ich ja noch mehr als 15 h pro Woche arbeite. Scheiße! Wer zahlt meine Krankenversicherung?? Bei der RAMREB angerufen und um Rat gefragt. Der wirklich kompetente Herr dort eröffnete mir, dass ich mich in solchen Fällen für maximal 4 Wochen beitragsfrei krankenversichern lassen könne. Und wenn ich bis dahin nichts hatte, dann... Damals dachte ich besser nicht weiter drüber nach, was dann sei. Nun ja. Ich bin also momentan beitragsfrei versichert (hört sich geil an - es lebe der Sozialstaat).

Ein weiters Problem wird sein, den Monat April zu überbrücken. Mein letzter Lohn kam ja am 29. Februar. Eine kleine Nachzahlung wird Ende März nachtröpfeln, allerdings wird sich die Höhe des Betrags arg in Grenzen halten (vielleicht 150 €) und dann kommt mein erstes Gehalt erst Ende April. Hm. Da wird mein Sparkonto dann wahrscheinlich endgültig leergeräumt sein. Aber ab dann gehts finanziell wenigstens ein bisschen aufwärts. Ich habe eine sichere Stelle im Gegensatz zu vielen anderen. Heute habe ich mit Fibs geredet, der bangt jedes drittel Jahr erneut um eine Vertragsverlängerung in seiner 3-Mann Arbeitsgruppe. Kann mir nicht blühen, denn in der Medizin gibts immer Geld und wenn die Publikationen stimmen (und das tun sie!), gibts noch mehr. Und so kommt es dann, dass einem der Chef beim ersten Vorstellungsgespräch freiraus sagt: "Ne, als Geld ist kein Problem, das haben wir wie..." ... ich bin mir nicht mehr ganz sicher, ob er "Scheiße" oder "Heu" gesagt hat. Macht aber letztendlich nichts aus. Geld stinkt schließlich nicht.

Vorstellungsgespräch die 3te oder die ultimative Stunde der Wahrheit


Donnerstag Nachmittag: Ich stehe wieder im Isotopenlabor und erledige ohne Elan meinen Deppen-Job. Da klingelt das Telefon. Die kritische Vorwahl lässt mir urplötzlich das Blut aus der Körperperipherie zurückweichen und es sich mehr zentral akkumulieren. Fluchtreflex wird eingeleitet. Aber auch wenn mein geliebter Mitbewohner Gegenteiliges behauptet, gehöre ich auch als "Fleischfresser" zu den zivilisierten Primaten und bin in der Lage den Fluchtreflex, wenn auch nur mit Mühe, zu unterdrücken. Ich nehme das Telefon in die Hand, atme 2, 3 Mal tief durch und ertappe mich dabei, wie ich laut zu mir selber sage: "OK, ganz ruhig!". Abnehmen, Telefonstimme aufsetzen, mit vollständigem Namen melden. Über-Chef meldet sich:
"Ich hoffe, ich störe nicht!"
"Nein, ganz im Gegenteil, ich warte sehnlichst auf Ihren Anruf" sage ich mit unverholener Nervosität (der soll ruhig merken, wie ich leide)
"Ja, also Andreas und ich finden Sie ja sehr toll..." den Rest habe ich nicht mehr verstanden, weil ich mich bemühen musste, nicht laut loszubrüllen vor Freude.

Es folgte eine Beschreibung der Zeitplanung für das nächste Jahr und die Aufforderung, mir zu überlegen, ob ich das so machen will. Wenn ja, soll ich mich in den nächsten Tagen melden, wollte er wohl noch sagen, aber ich habe ihn gar nicht ausreden lassen, sondern sofort knallhart herausgetrötet: "Da gibts nicht viel zu überlegen, ich nehm den Job!"
Er machte nicht den Eindruck, als sei er irritiert, sondern schien sich schelmisch zu freuen. Nach dem Gespräch war ich sicher, dass das verdammt coole 3 bis 4 Jahre werden.

Nun werde ich also ab dem 1. April in Göttingen am Uniklinikum sein. Meine Arbeitsgruppe wird im April teilweise umziehen und ich bin bis Ende des Jahres in dieser traditionsreichen Unistadt und kümmere mich mit einer "sehr netten, ruhigen" Doktorandin um ein vielversprechendes Projekt. Bevor mein direkter Chef wegzieht, weist er mich in diverse Techniken ein, um mich dann nach meinem Umzug ins wunderschöne Breisgau wieder zu übernehmen und in ein anderes (mindestens ebenfalls so vielversprechendes) Projekt einzuführen. Nach knapp zwei Jahren werde ich dann sitzen gelassen, weil Andreas sich in die Staaten verzieht. Ich hoffe, ich kann ihn mal besuchen.

Aber erst stehen diverse Hürden an, die es zu bezwingen gibt. Umzug, Wohnung, Verwaltung, Verträge, meinen Drecksjob hier zuende machen... Jaja. Aber es käuft was. Meine Schäfchen sind im Trockenen und das wurde höchste Zeit. Abgesehen davon, dass ich sehr genervt war von der ganzen Chose, hat sich mittlerweile schon das Arbeitsamt und meine Krankenversicherung bei mir gemeldet.

Montag, 3. März 2008

Vorstellungsgespräch die 3. Über-Chef am Telefon

Tatsächlich meldete sich Über-Chef wie angekündigt. Die Fragen zur Diplomarbeit fielen aus. Auch recht. Ich war im Moment des Anrufs in meinem Isotopenlabor, in dem ich momentan einen HiWi mache. Die Vorwahl auf meinem Handy-Display kündigte einen Anruf aus der betreffenden Stadt an. Obwohl sie fast 600 km entfernt war, kannte ich die Vorwahl von einem mehrwöchigen Aufenthalt während des Studiums.

"Ja guten Tag, hier ist Apdsofn DCplv"
"Hallo Herr Doktor DCplv, das ist schön, ich warte ja schon sehnlichst auf Ihren Anruf"
"Ah, aber ich hoffe, sie saßen die letzten Tage nicht nur rum, haben das Haus nicht verlassen und haben gewartet...?"
"Nein, keine Sorge, ich arbeite nebenher, aber ich hatte Ihren Anruf ständig im Hinterkopf"

Gesprächseinstieg geglückt!

"Ja, warum wollen Sie denn ausgerechnet zu uns kommen" Die Standard-Frage in jedem Vorstellungsgespräch sollte man meinen. So oft habe ich sie allerdings nicht gehört und daher kam meine Antwort zwar nicht stockend, aber dennoch nicht wie aus der Pistole geschossen. Trotz allem meine ich, die Wahrheit recht plausibel dargelegt zu haben. Ich nahm Bezug auf auf den Text in der Stellenanzeige, in dem ja unter anderem von einer gutgelaunten Arbeitsgruppe die Rede war. Mit sowas kriegt man mich rum! Weiter erzählte ich, dass ich mich über das dort angegebene Paper kurz in das Thema eingelesen hatte und vom Thema, wie auch von den restlichen Publikationen sehr angetan war. Er schluckte das. Beschränkte aber die gute Laune der Arbeitsgruppe auf Zeiten der funktionierenden Teamarbeit, woraufhin ich betonte, wie wichtig mir das Arbeiten in der Gruppe ist und dass Ellenbogendenken und Konkurrenz meiner Ansicht nach nicht zur gesteigerten Produktivität beitragen kann. Und offensichtlich waren wir durchaus gleicher Meinung. Weiterhin wurde ich sehr vorsichtig darauf hingewiesen, dass "wenn Stress herrscht und viel Arbeit ansteht, auch durchausmal Wochenendarbeit" angesagt sei. Aber hallo!? Ist für mich das Selbstverständlichste! Allerdings lässt die Vorsichtigkeit, mit der er das sagte, darauf schließen, dass er keiner der Leute ist, die am Wochenende ins Labor kommen, um die vollständige Anwesenheit der AG zu überprüfen. Sehr sympathisch! Es folgte noch der Austausch einiger von mir bereits vergessener Dinge und die Frage, ob ich mich diese Woche zufällig irgendwo in der Nähe von Hannover aufhalte. Nein, leider nicht, meinte ich, bot aber an, bei Bedarf natürlich sofort zu kommen. Er bedauerte, dass wir uns nicht persönlich sehen können und hatte anscheinend vergessen, dass wir und sehr wohl schon gesehen hatten. Oder meinte er damit, dass ein Gespräch Aug' in Aug' schön gewesen sei, zu dem es beim Vorstellungstermin leider nicht kam? Ich weiß es nicht. Jedenfalls meinte er, dass es nicht notwendig sei, nur deswegen persönlich vorbeizukommen.

"Auf jeden Fall haben Sie erstmal ein dickes Plus auf Ihrer Bewerbung. Wir haben nun noch zwei Kandidaten in den nächsten Tagen zum Vorstellungsgespräch und werden Sie dann nächste Woche zurückrufen, um Ihnen die endgültige Entscheidung mitzuteilen."

So. Und diese Woche ist nun, und langsam beginne ich, mich selbst fertigzumachen. Obwohl ich normalerweise eine recht stabile Psyche habe, ist langsam Schluss. Meine Laune sinkt ständig. Ich mache mich immer mehr selbst fertig, denke, dass ich sowieso Absagen bekomme. Es steht nämlich weiterhin auch eine Nachricht von jenem Wissenschaftler aus, bei dem ich damals den meiner Ansicht nach so desaströsen Vortrag gehalten hatte. Und falls ich von beiden abgelehnt bin, dann...


Themenwechsel!

Samstag, 1. März 2008

Vorstellungsgespräch die 3. oder Es geht auch jung und sportlich...

Der Herr Dr. hatte sich Telefon schon recht jung angehört, aber als er jetzt freundlich lächelnd auf mich zukam, war er nicht nur jung, sondern sah auch erfrischend normal aus für einen verdammt erfolgreichen Nachwuchswissenschaftler. Er trug Jeans, eine Fahrradfahrerjacke, war kurzgeschoren und hatte einen Dreitagebart. Aus dem Kragen baumelten die Ohrstöpsel seines MP3-Players heraus. Sofort kam mir der Gedanke, dass ich völlig overdressed und spießig aussah mit meinen Lederschuhen, dem Pullover mit schwarzem Hemdkragen. Naja, es hätte sicherlich schlimmer kommen können, beispielsweise wenn ich wieder im Sakko angetanzt wäre. Wir begrüßten uns und er stellte mich diversen Leuten aus der Delegation vor: Es waren unter anderem zwei weitere Post-Docs anwesend, von denen zumindest der eine auch erfrischend wenig nach Wissenschaftler aussah, außerdem noch der zukünftige Chef des Instituts (mein eventueller Über-Chef sozusagen), der momentan noch mit meinem potentiellen direkten Chef in einer kleineren Arbeitsgruppe forschte. Dann war da noch der bisherige Leiter des Instituts, der mich mit dem Arsch nicht anschaute, aber das machen die Mediziner-Professoren wohl so. Der Über-Chef erinnerte mich entfernt an einen alten Professor von mir, entpuppte sich allerdings im Laufe des Tages als deutlich sympathischer, obwohl ich nicht wirklich viel von ihm mitbekam.
Als erstes stand jedenfalls ein gemeinsames Mittagessen an. Die komplette Delegation setzte sich in Bewegung in Richtung Kantine, ich natürlich ohne einen Euro in der Tasche, aber da unterschied ich mich in keinster Weise von meinem potentiell zukünftigen Chef, der sich übrigens gleich mit Vornamen vorstellte und betonte, dass es bei ihnen sehr informell und locker zugeht, was das Siezen angeht. Andreas hatte also ebenfalls kein Geld dabei und macht dann allerdings mit Über-Chef klar, dass wir alle mit auf die Rechnung des ehemaligen Institutsleiter kamen. Ich weiß nicht, ob es an der für ein Mittagessen doch schon durchaus fortgeschrittenen Zeit lag, aber wirklich apettitanregend konnte man das Essen nicht bezeichnen. Eher als eklig. Und das lag nicht daran, dass es sich um Fleisch handelte, wie manche Leute jetzt sicher unterstellen werden, sondern dass sich über dem Rindergulasch schon eine bräunliche Haut gebildet hatte, die, als ich drankam, gottlob schon durchstoßen war und ich somit durch das entstandene Loch schöpfen konnte. Beim Essen entstand, anfangs gequält, später dann doch lockerer, ein oberflächlicher Dialog zwischen mir und Andreas, welcher sich durch das Einschalten der anderen beiden Post-Doc langsam zum Selbstläufer wandelte. Darüber war ich ganz froh, denn Andreas schien im Smalltalk nicht besonders enthusiastisch sein.
Nach dem Essen folgte eine Führung durch die zukünftigen Arbeitsräume des Instituts. Ich sah mir alles interessiert an, wusste aber absolut nicht, wie ich das Gespräch in Gang bringen sollte. Andreas sagte gar nichts und trottete nur gelangweilt hinterher. Für mich eine sehr unangenehme Situation. Erwartete er, dass ich Fragen stellte? Ein Gespräch begann? Ich fühlte mich unwohl, obwohl die Post-Docs sehr witzig waren und sich ständig gegenseitig verarschten. Ich hatte vom Mittagessen einen schlechten Geschmack im Mund und war saudurstig. Ich hoffte, dass die Führung bald vorbei ist. Als das endlich der Fall war, drängte Andreas darauf, endlich gehen zu können, um mit mir endlich eine persönliches Gespräch zu führen. Wir setzten uns in die Cafeteria der Klinik und er begann, mich zu meiner Diplomareit und wissenschaftlichen Erfahrung auszufragen. Erster Fauxpas: Auf die Frage, ob ich Daten aus meiner Arbeit dabei hätte, musste ich mit Nein antworten. Ich hatte zwar einen USB-Stick mit dem Vortrag zu meinem letzten Gespräch dabei, aber es fehlte ein Computer. Naja, so eng schien er das nicht zu sehen und begann, mir das Projekt zu erläutern. Im Anschluss folgten seelische Vorbereitungen auf stressige, aber durchaus erfolgreiche Zeiten an einem spannenden Thema. Zunächst war ich nicht in der Lage, viel zu sagen, aber mein gegenüber erweckte nicht den Eindruck, als erwarte er das. Irgendwann begann ich dann, mir Notizen zu machen und plötzlich ergaben sich Fragen, die ich aufgeweckt stellte. Ich fragte nach Papern, notierte mir Literaturzitate, kurz gesagt, es begann, von selbst zu laufen. Ich wusste immer mehr: Das will ich machen. Genau das. Es stimmte einfach alles: Das Thema, die Methoden, die Gruppe, die Kohle, ... Nach einer guten Stunde meinte er: Ich muss jetzt mal eine rauchen. Wir gingen nach draußen und unterhielten uns noch ein wenig über persönliche Dinge. Mein Eindruck: es lief sehr gut. Als das Gespräch sich dem Ende zuneigte, versuchte ich mit dem Satz zu schließen: Ich würde mich wirklich freuen, wenn das klappt. Er: "Ja, also Du bist mir wirklich sympathisch geworden..." und ich bin mir sicher, dass er das ehrlich meinte. Er bereitet mich darauf vor, dass Über-Chef in der nächsten Zeit anrufen werde, um mir ein paar Fragen zu stellen. Zeitlich reichte es ihm an diesem Tag leider nicht, das sofort zu tun. Zum Schluss fuhr ich ihn noch zum Bahnhof, von wo aus er noch eine Reise von fast 600 km vor sich hatte und wir verabschiedeten uns, mindestens einer von beiden (ich) voller guter Hoffnung.